Trinkwasserhygiene

Trinkwasserhygiene

Millionen Keime bilden sich in Trinkwasser, das nicht ausreichend genutzt wird. Oder auch nicht!

Unser wichtigstes Lebensmittel

Trinkwasser ist unser Lebensmittel Nummer 1. Ohne Wasser existiert kein Leben - daher ist diese kostbare Ressource besonders schützenswert. Trinkwasser muss für den menschlichen Gebrauch klar, kühl, frei von Krankeitserregern sowie geruchlich und geschmacklich einwandfrei sein.

Trinkwasserhygiene-Facts

Als Trinkwasser versteht man generell „Wasser für den menschlichen Gebrauch", also als grundlegendes Lebensmittel zum Trinken, für die Zubereitung von Nahrung, für die Körperhygiene, die Sauberkeit im Haushalt etc.. Unser Trinkwasser stammt zum größten Teil aus Quell- und Grundwasser. Ein kleinerer Teil der Ressource wird direkt aus Seen, Talsperren oder Flüssen genutzt. Sogar Oberflächenwasser macht einen weiteren Teil unseres Trinkwasser aus, nachdem es durch Bodenpassage oder Uferfiltration eine ähnliche Qualität wie Grundwasser erhalten hat. Abhängig vom Mineraliengehalt des jeweiligen Untergrunds kann der Geschmack des Trinkwassers von Region zu Region unterschiedlich sein.

Trinkwasserqualität

Infektionsschutzgesetz Paragraph 37 Beschaffenheit von Wasser für den menschlichen Gebrauch

„(1) Wasser für den menschlichen Gebrauch muss so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen ist."

Trinkwasser soll zum Genuss anregen, also farblos, klar, kühl sowie geruchlich und geschmacklich einwandfrei sein. An seine Qualität werden hohe Anforderungen gestellt, denn eine Beeinträchtigung durch Krankheitserreger und gesundheitsgefährdende Stoffe kann sich direkt auf die Gesundheit der Verbraucher auswirken. Einmal ins Trinkwassernetz gelangt, können sich z. B. Legionellen explosionsartig ausbreiten und in kurzer Zeit viele Menschen infizieren. Dieses Risiko gilt es so weit wie möglich zu minimieren. Die wichtigsten „Spielregeln“ zur Erreichung und Einhaltung einer einwandfreien Trinkwasserqualität bis an die Entnahmestelle sind in erster Linie in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) definiert und werden durch zahlreiche Gesetze, Normen, Richtlinien, Veröffentlichungen und Fachliteratur ergänzt.

Mehr Detailwissen zum Thema „Rund um Trinkwasser" finden Sie auf der Website des Umweltbundesamtes.

Um das Trinkwasser vor Kontaminerung durch Keime oder gesundheitsgefährdende Stoffe zu schützen, sind entsprechende Maßnahmen während der gesamten Prozesskette unerlässlich. Dies fängt schon bei der Trinkwassergewinnung an, geht weiter über die Aufbereitung bis hin zur finalen Verteilung in der Gebäudeinstallation. Je besser die Ressource geschützt ist, desto geringer der nachträgliche Aufwand für eine Wiederherstellung der Trinkwasserqualität. Für die Einhaltung der Qualität und der Trinkwasserhygiene tragen die Betreiber die Verantwortung (Wasserversorger und Eigentümer bzw. Betreiber von Gebäuden).

Schutz des Trinkwassers vor Nicht-Trinkwasser

Eine Trinkwasser-Installation besitzt meist mehrere Verbindungen zu anderen Systemen mit mehr oder weniger gesundheitsgefährdenden Medien, vor deren Rückfließen das Trinkwasser geschützt werden muss. Mit dem Einbau von geeigneten Sicherungseinrichtungen (Sicherungsarmaturen) kann dies gewährleistet werden. Die DIN EN 1717 legt europaweit einen einheitlichen Standard im Versorgungsabschnitt „Trinkwasser“ fest. Dieser Standard unterscheidet die Verwendungsbereiche für Sicherungsarmaturen und definiert die Flüssigkeitskategorien 1 bis 5 nach deren Gehalt an gesundheitsgefährdenden Stoffen.

Mehr dazu erfahren Sie in unserem Ratgeber Sicherungsarmaturen

VDI 6023 Blatt 1

„Mögliche Beeinträchtigungen können durch mikrobiologische, chemische und/oder physikalisch-chemische Veränderungen des Trinkwassers in Trinkwasserinstallationen verursacht werden und auch nachträglich durch Veränderungen der Betriebsbedingungen entstehen."

Im Zusammenhang mit der hygienischen Betriebsweise einer Trinkwasser-Installation verwendet die Fachwelt den Begriff „bestimmungsgemäßer Betrieb“. Er umfasst neben regelmäßigen Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten, die Einhaltung der geforderten Systemtemperaturen und die Einhaltung der ursprünglich geplanten Nutzungshäufigkeit, d. h. den regelmäßigen Wasseraustausch.

  • Temperaturen Trinkwasser kalt (PWC / PWC-C): unter 25 °C
  • Temperaturen Trinkwasser warm (PWH / PWH-C): über 55 °C
  • regelmäßiger Wasseraustausch: 72 Stunden (VDI 6023 Blatt 1) / mindestens alle 7 Tage (DIN EN 806-5)

Zudem hat die Bemessung der Rohrleitung so zu erfolgen, dass durch regelmäßige Nutzung Fließgeschwindigkeiten auftreten, die den Nenninhalt in allen Teilstrecken über den gesamten Leitungsquerschnitt austauschen.

Die Materialauswahl hat so zu erfolgen, dass die chemischen Parameter der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) eingehalten werden und das Nährstoffangebot so weit wie technisch möglich reduziert wird. Dies dient mittelbar auch der Vermeidung mikrobiellen Wachstums sowohl auf der Oberfläche des Materials als auch im Trinkwasser.

Die vier Erfolgsfaktoren zum Erhalt der Trinkwasserhygiene werden nachfolgend ausführlich erläutert.

Trinkwasserhygiene: 4 Erfolgsfaktoren

Vier Erfolgsfaktoren für eine einwandfreie Trinkwasserhygiene

Einwandfreie Trinkwasserhygiene hängt von vier zusammenwirkenden Erfolgsfaktoren ab. In Kombination mit der Einhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs sichern diese Erfolgsfaktoren den dauerhaften und sicheren Betrieb von Trinkwasserinstallationen.

1. Durchströmung

2. Temperatur

3. Wasseraustausch

4. Nährstoffangebot

1. Durchströmung

Was versteht man unter einem Biofilm in einer Trinkwasserinstallation?

Alle wasserbenetzten Oberflächen in Trinkwasserinstallation sind von Biofilmen besiedelt. Trinkwasserbiofilme werden in der Regel durch die natürliche zum wassergehörende Mikroflora gebildet, die keine unmittelbare Relevanz für die menschliche Gesundheit hat. Sie können jedoch mikrobiellen Erregern Unterschlupf bieten. Da ein Biofilm in Trinkwasserinstallationen unvermeidbar ist, gilt es diesen mit ausreichender Durchströmung möglichst mechanisch stabil und kompakt zu halten. Mehr zum Thema Biofilm finden Sie hier.

Ausreichend turbulentes Strömungsprofil

Eine hinreichende Durchströmung in Trinkwasserinstallationen mindert das Wachstum von Mikrobiologie. In Stagnationsphasen können sich voluminöse Biofilme bilden. Diese können durch z.B. Druckstöße abgelöst werden. Durch eine ausreichend turbulente, regelmäßige Durchströmung in allen Leitungsabschnitten der Trinkwasserinstallation kann das Wachstum von einem hygienisch kritischen Biofilm begrenzt werden.

Biofilm-Beeinflussung durch Fließgeschwindigkeit

Hohe Fließgeschwindigkeiten wirken auf die Struktur des Biofilms ein. Eine turbulente Durchströmung begünstigt durch die hohen Scherkräfte die Formation eines kompakten und mechanisch stabilen Biofilms, der sehr resistent gegen Ablösen ist.

Bedarfsorientierte Dimensionierung

Durch eine bedarfsorientierte Dimensionierung und den Betrieb nach den Festlegungen des Raumbuches können ausreichend hohe Fließgeschwindigkeiten sichergestellt werden. Dadurch wird normativ geforderten Wasseraustausch begünstigt und Stagnation vermieden.

Berücksichtigung des Raumbuches

Bei der Dimensionierung der Leitungen sind vor Allem die Gleichzeitigkeit der Nutzung und die Entnahmevolumenströme unter Berücksichtigung des Raumbuches zu verwenden. Nur so kann ein bedarfsorientiertes Rohrnetz mit minimierten hygienisch relevanten Rohrnetzparameter (Nenninhalt, benetzte Rohroberfläche) erreicht werden.

Zur Kompetenzbroschüre Legionella, Pseudomonas und Co.

Wasseraustausch mit Flushtool berechnen

Trinkwasserhygiene: laminare und turbulente Strömungsprofile

Strömungsprofile: laminar (oben) und turbulent (unten)

2. Temperatur

Die Temperatur ist einer der kritischsten Faktoren in Bezug auf mikrobielles Wachstum. Die Ermittlung von Temperaturbereichen, die für fakultative Mikroorganismen ungünstige Lebensbedingungen bieten und damit eine Grundlage für einen präventiven Gesundheitsschutz bilden, ist sehr schwierig und von vielen Faktoren abhängig. Als optimal und durch eine Vielzahl von Untersuchungen abgesichert ergeben sich Kaltwassertemperaturen <20°C und Warmwassertemperaturen von >55°C.

Auszug DIN 1988-300

„Bei bestimmungsgemäßem Betrieb darf maximal 30 s nach dem vollen Öffnen einer Entnahmestelle die Temperatur des Trinkwasser kalt 25°C nicht übersteigen und die Temperatur im Trinkwasser warm muss mindestens 55 °C erreichen."

Kaltwassertemperatur unter 20 °C

Als hygienisch sichere Temperatur im Kaltwasser wird z. B. in der DVGW-Wasserinformation 90, in Fachveröffentlichungen des UBAs, vom RKI und in vielen internationalen Trinkwasser-Richtlinien und -Empfehlungen eine Temperatur von < 20 °C angesehen.

Wie ressourcenschonend Kaltwassertemperaturen dauerhaft unter 20 °C gehalten werden können, erfahren Sie auf der Seite Kaltwasser-Zirkulation.

Auszug DIN 1988-300

„Am Wasseraustritt des Trinkwassererwärmers mit Zirkulation ist eine Temperatur von mindestens 60°C aus hygienischen Gründen einzuhalten. Zirkulierendes Trinkwasser warm darf einen Temperaturabfall von 5k nicht überschreiten."

Warmwassertemperatur über 55 °C

Die Temperatur im warmen Trinkwasser (PWH und PWH-C) muss nach den a.a.R.d.T. an jeder Stelle von zirkulierenden Systemen mindestens 55 °C betragen. Das Warmwasservolumen, welches nicht auf Temperatur gehalten werden kann, ist auf ein Minimum zu reduzieren. Überschreitet das Volumen eines Fließwegs von 3 Litern, ist eine Zirkulation zur Temperaturhaltung vorzusehen. Mehr zum Thema Warmwasser-Zirkulation erfahren Sie auf der Seite Warmwasser-Zirkulation.

Zur Kompetenzbroschüre Trinkwasserverteilungssysteme auf dem Prüfstand

Wachstumsrate von Legionella pneumophila

Die Grafik zeigt deutlich, dass bei Temperaturen zwischen 20 °C und 55 °C das Legionellenwachstum in einen kritischen Bereich gelangt.

Trinkwasserhygiene: Wachstumsrate von Legionella pneumophila

Quelle: M. Exner, Hygiene in Trinkwasserinstallationen – Erfahrung aus Deutschland, Legionellen Fachgespräch UBA/BfR am 20.10.2009, Berlin

3. Wasseraustausch

Eine wesentliche Hauptursache für mikrobielles Wachstum ist die Stagnation. Die Ursache für Stagnationsbereiche können alte ungenutzte Leitungen oder zeitweise nicht bestimmungsgemäß genutzte Leitungsabschnitte sein.

Normauszug DIN 1988-200

„Die Planung hat so zu erfolgen, dass bei bestimmungsgemäßem Betrieb ein für die Hygiene ausreichender Wasseraustausch stattfindet."

Regelmäßiger Wasseraustauch

Trinkwasserinstallationen sind aus hygienischer Sicht so zu planen und betreiben, dass ein Wasseraustausch bestmöglich alle 3 Tage (VDI 6023), mindestens jedoch alle 7 Tage (DIN 1988) sichergestellt ist. Der Wasseraustausch ist definiert als vollständiger Wasserwechsel im gesamten System (inkl. Behälter und Trinkwassererwärmer). Damit Stagnation über den gesamten hydraulischen Querschnitt vermieden wird empfiehlt sich eine turbulente Durchströmung (siehe Durchströmung).

Stagnation und Temperatur stehen in Wechselwirkung zueinander

Je nach Umgebungstemperatur und Dämmung der Rohrleitung gleicht sich die Medientemperatur der Umgebungstemperatur mit der Zeit an. Deswegen ist speziell im Trinkwasser kalt darauf zu achten, dass der Wasseraustausch durch den konstruktiven Aufbau der Trinkwasserinstallation begünstigt wird. Insbesondere Stockwerks- und Einzelzuleitungen sind hierbei genauer zu betrachten.

Kritische Temperaturerhöhung vermeiden

Bei ausreichender Nutzung strömt immer wieder frisches Trinkwasser nach und wirkt damit einer kritischen Temperaturerhöhung entgegen. In Bereichen, wo das Trinkwasser stagniert, und kein Wasser nachströmt kann es ggf. innerhalb kürzester Zeit zu einer kritischen Temperaturerhöhung kommen.

Zur Kompetenzbroschüre Legionella, Pseudomas und Co.

Wasseraustausch mit Flushtool berechnen

Trinkwasserhygiene: Spüleinrichtungen zum Wasseraustausch

Spüleinrichtungen zum automatischen Wasseraustausch

4. Nährstoffangebot

Geringer Nahrungsanspruch von fakultativen Mikroorganismen

Bakterien sowie andere pathogene Keime sind für Wachstum und Vermehrung auf Nährstoffe angewiesen. Der Faktor Nährstoffangebot ist sehr vielschichtig und für die verschiedenen Bakterienarten und auch für Einzeller von unterschiedlicher Bedeutung. Bei den fakultativen Mikroorganismen finden wir Arten mit einem sehr geringen Nahrungsanspruch (z. B. Pseudomonas aeruginosa).

Auswahl sicherer Werkstoffe

Von besonderer Bedeutung ist die Auswahl geeigneter hygienisch sicherer Werkstoffe im Gesamtbereich der Trinkwasserinstallation, die Biofilmwachstum nicht begünstigen. Stagnationen können zudem die Konzentration verfügbarer Nährstoffe durch Migration aus Materialien in Kontakt mit Wasser deutlich erhöhen.

Werkstoffauswahl gemäß Trinkwasserverordnung

Die Werkstoffauswahl ist so zu treffen, dass das Nährstoffangebot so weit wie technisch möglich reduziert wird und die vorgegebenen chemischen Grenzwerte der Trinkwasserverordnung eingehalten werden.

Eignung nach Material-Positivlisten

Alle Materialien sind auf ihre Eignung für den Bereich Trinkwasser zu überprüfen. Diese „mikrobielle Eignung“ ist eine Grundforderung von Paragraph 14 TrinkwV und wird vom Umweltbundesamt als wichtiges Kriterium für die Erstellung von Material-Positivlisten herangezogen.

Trinkwasserhygiene: Rotguss geeignet nach UBA Material-Positivliste &amp; Trinkwasserverordnung

Rotguss geeignet nach UBA Material-Positivliste & Paragraph 17 TrinkwV

Spülplan - manueller Wasseraustausch

Hilfestellung zur Durchführung und Vordruck zur Dokumentation manueller Wasseraustausch

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